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Es sind noch keine zwei Wochen um, seitdem ich wieder in meiner alten, aber irgendwie auch neuen Heimat in Deutschland bin. Vorbei ist das „Stadtleben“ in Ecuador, welches manch einer bei 140.000 nicht einmal als solches bezeichnen würde; beginnen tut fürs erste noch einmal das „Landleben“ bei meinen Eltern, welches in unserem kleinen 1.000-Seelen Dorf dagegen definitiv ein solches ist.

Einiges ist neu, vieles ist anders, manches ist gleich. Irgendwie ist es eine ganz andere Welt, aber doch eine vertraute Situation. Es gibt keine Hunde mehr, die morgens bellen, keinen Gasmann, der musikalisch klingelnd durch die Straßen fährt und es fehlen die alltäglichen Sonnenstrahlen, die in der Früh durchs Fenster fallen. Stattdessen beginnt der Morgen mit ruhiger Landstille, bedecktem Himmel und Butterbrot mit reifem Käse.

Ich fühle mich irgendwie klein – mag es die vergleichsweise geringere Körpergröße der Ecuadorianer sein, vielleicht auch mein plötzlich erwachsener kleiner Bruder oder der Gedanke, etwas orientierungslos in diesem anscheinend „schneller laufenden“ Land zu sein. Vieles scheint in kürzerer Zeit zu passieren – das Einkaufen an der Supermarktkasse statt dem Handeln auf dem Markt und das Autofahren auf der Autobahn statt dem gemütlichen Busreisen durch die kurvigen Anden-Straßen. Doch auch die spontanen netten Gespräche und das Plaudern mit dem Obsthändler zwischendurch scheinen sich zu beschleunigen und auf einmal oftmals zeitlich begrenzt zu sein. Planen, Festlegen und den Überblick zu behalten, scheint unerlässlich und irgendwie holt mich die Ordnung, Sorgfalt und feste Konzeption der Momente ein und ich brauche eine Zeit für mich zum Reflektieren und Nachdenken...

Wenn ich die Zeit in Ecuador noch einmal Revue passieren lassen, kommen mir viele Arbeitsmomente, Reiseerlebnisse und Gedankenausflüge in den Kopf. Es ist kaum möglich, eine für mich befriedigende Antwort auf die Frage, wie es denn in Ecuador gewesen sei, zu geben. Hinter einem „Gut, es hat mir gefallen!“, einem „Schön, die Landschaft ist so einzigartig!“ oder einem „Die Arbeit war wirklich interessant und die Kultur ist eine ganz andere!“ steckt so viel mehr, was sich kaum aus dem Stehgreif abrufen lässt. Es ist deutlich mehr, als dass man es kurz komprimiert in wenigen Sätzen erfassen könnte. Es ist nicht einfach, zusammenzufassen was dieses Jahr einem an Erfahrungen, Wissen und an Gedanken gebracht hat. Vielmehr realisiert man in einzelnen Situationen oder Momenten, bei bestimmten Meinungen oder Verhaltensweisen, was einen in dieser langen Zeit geprägt hat und dass es nicht wenig ist, was einen verändert hat.

Wenn ich über die rote Ampel gehe, weil nachts weit und breit kein Auto zu sehen ist, dann merke ich, dass ich im Alltag in Ibarra gelernt habe, lieber auf den Verkehr zu achten und als auf Schilder und stets ignorierte Zebrastreifen zu schauen.

Wenn ich im Supermarkt durch die, eine unendliche Auswahl und Vielfalt bietenden Regale laufe, in denen alles dreifach in Plastik verpackt ist, dann fühle ich mich etwas überfordert, wie steril und vollendet das Essen scheint und vermisse den wunderbaren Markt mit dem frischen Obst, Gemüse und Getreideprodukten, der zum kreativen Kochen verleitet hat.

Wenn ich bei über dreißig Grad in der Stadt mit langer Hose und festen Schuhen umherlaufe, dann merke ich, dass ich zu den wenigen jungen Frauen gehöre, die keine Hotpants tragen – weil ich mir so doch sehr nackt vorkäme und in Ibarra nicht ein einziges Mal eine solche anhatte.

Wenn ich eine Uni-Freundin für ein Wochenende in Bonn besuchen will, dann wird mir bewusst, dass ich schon Wochen vorher ein Sparticket der Bahn buchen sollte oder mir den Fernbus reservieren muss, um nicht wenige Tage vorher auf unbezahlbare Preise stoßen zu müssen und mir fehlt das spontane, einfache und preiswerte Busreisen in Ecuador.

Und wenn ich dann schlussendlich in der Bahn nach Bonn mit meinem Monate vorher reservierten Sparticket sitze, die automatischen Schiebetüren der neuen Westfahlen-Bahn-Wagons sich lautlos schwebend vor mir öffnen, ich statt verschlossenen Bustoiletten auf zehnstündigen Fahrten und lauter Salsa-Musik auf ruhiges Schweigen mit Smartphone-Anblicken treffe, dann fühle ich mich wie in einer anderen Welt – irgendwie, wie in einem dieser Zukunftsszenarien – fortschrittlich, aber anonym, leise aber stumm, unbeschwert aber zu durchdacht.

Manchmal ist es mir „zu viel High Tech“, wenn ich mal ein Pärchen im Café jeweils auf ihren Telefonen tippen sehe und ich die automatische Starbucks-Toilettentür mit automatischer Schließung aufgrund zu funktioneller Technik erst nach einiger Zeit und viel Geduld wieder geöffnet bekomme – doch dann weiß ich es auch zu schätzen, wie einfach sich der Rollstuhl meiner Oma dank unzähliger Fahrstühle und barrierefreier Straßen und Geschäfte durch die Stadt rollen lässt und ich denke an die nicht immer einfachen Wege und Busfahrten mit Marcelino, meinem, im Rollstuhl sitzenden Kind aus der Fundación.

Wenn ich in der Tageszeitung unseres politisch schwarzen Dorfes in harten Worten von der AfD und deren Kritik an Merkels Flüchtlingskurs lese, dann denke ich an die unzähligen kolumbianischen Straßenverkäufer und daran, dass nicht Deutschland allein „offene Grenzen“ hat. So erkennt Ecuador in seiner Verfassung Geflüchteten das Recht, in einem fremden Land Schutz zu suchen, das Recht auf Mobilität und die rechtliche Gleichstellung mit den Ecuadorianern an.

Wenn ich dann an die Kritik an der „Gleichsetzung“ von Asylanten in Deutschland denke und die von vielen Seiten kritisierten angeblich „hohen“ Sozialsätze, die laut vielen Betroffenen die Sozialleistungen an die Deutschen wohl übersteigen würden, wobei sie wahrhaftig eigentlich darunter liegen, dann kommt mir ein Gedanke. Es erscheint mir, als müsste das allseits bekannte entwicklungspolitische Verhältnis zwischen „Geber- und Nehmerland“ zwischen vielen EU-Industrieländer und Ecuadors im Rahmen der Flüchtlingspolitik einmal gewendet werden. Wer ist in diesem Fall das Land, von dem sich etwas abschauen lässt? Die Rolle dieses südamerikanischen Landes als politisches Vorbild in in diesem Politikbereich will jedoch nicht jeder erkennen und die Akzeptanz fällt nicht leicht...

Es ist nicht möglich und noch viel weniger gewollt, ein „Besser“ oder „Schlechter“, ein „Fortschrittlicher“ oder „Rückständiger“ zwischen Ländern und Kulturen abzuwägen – vielmehr ist mir bewusst geworden, welche Vielfältigkeit in den verschiedenen Kulturen, Sprachen, Landschaften und Denkweisen der Menschen auf der ganzen Welt besteht und welche Bedeutung Respekt, Toleranz und Offenheit in den Gedanken haben sollten, denn jeder kann von jedem etwas lernen.

 

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