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Ein zweites, neues und ganz anderes Leben

Das ist es also, Ecuador. Ein Land im Norden Südamerikas, 9.846km von meinem Zuhause in Deutschland entfernt, mit einer komplett anderen Kultur, Gesellschaft, Klima und Alltag. Und trotz all dieser Unterschiede, habe ich mich erstaunlich schnell an mein neues Leben hier gewöhnt. Es scheint schon normal morgens den Bus, der ohne jeglichen Fahrplan fährt, anzuhalten, auf dem Markt beim Einkaufen seine gewohnten Stände abzuklappern und die täglichen Aufgaben im Casa zu erledigen.

Als ich am Anfang fast einen Monat nach den ersten Freiwilligen gelandet bin, war es schwierig für mich, mir hier 11 Monate meines Lebens vorzustellen, fast ein ganzes Jahr fernab von allem Gewohnten, Familie und Freunden. Hier hatten sich die meisten schon eingelebt, hatten ihre Routinen und kannten die Kinder. Doch es ist wirklich kaum zu glauben, wie schnell auch ich hier meinen Alltag gefunden habe. Wenn ich am Sonntagabend nach einem erlebnisreichen Wochenende im Bett liege, bin ich zwar manchmal schon beim Gedanken an die kommende 40-Stunden-Woche erschöpft, aber gleichzeitig freue ich mich auch schon wieder auf die Kinder: Sie in den Arm zu nehmen, mit ihnen zu spielen, ihnen bei den Hausaufgaben oder Haushaltsaufgaben zu helfen, mich einfach nur mit ihnen zu unterhalten oder herumzualbern. Die Bindung, die man in dieser kurzen Zeit bereits aufgebaut hat, ist kaum in Worte zu fassen. Alleine beim Gedanken daran, sie in knapp 8 Monaten verlassen zu müssen, könnten mir schon die Tränen kommen.

Ich habe aber nicht nur die Arbeit, so hart sie auch manchmal sein mag, schätzen gelernt, sondern auch das Land an sich: Ein so kleines Land, mit trotzdem so vielen und wunderschönen Facetten. Alleine in meinen 2,5 Monaten hier vor Ort durfte ich bereits so viel Schönes bestaunen. Seien es die Nebelwälder von Mindo, die lebendigen Straßen Cuencas, die „Mitte der Welt“ in Quito, die Wanderrouten rund um wunderschöne Lagunen, die bunten Märkte oder das Baden in glasklaren Wasserfällen - Ecuador hat einfach unfassbar viel zu bieten und jedes Wochenende freue ich mich darauf ein kleines Bisschen mehr davon bestaunen und erleben zu dürfen, selbst wenn es nur ein Ausflug eine Stunde entfernt von Ibarra ist.

Und trotz all dieser positiven Momente gibt es auch schwere Tage. Tage an denen irgendwie alles schief geht, Tage an denen man krank im Bett liegt und kaum aufstehen kann, Tage an denen man fast nicht mehr vom Boden aufgucken mag, weil das Catcalling und Hinterherstarren so schlimm ist, Tage an denen das Heimweh so stark ist, dass man nur beim Gedanken an den Abschied vor knapp 3 Monaten aus Deutschland oder bei einer Nachricht der Eltern ein paar Tränen vergießt. Zu akzeptieren, dass diese Tage okay sind, dass sie dazugehören und ein Freiwilligendienst oder ein Jahr fern von zuhause eben nicht immer fröhlich und positiv, sondern manchmal eben auch sehr hart ist, fällt mir hier noch mit am schwersten. Natürlich kommen auch teilweise Gedanken auf, wie es jetzt wäre zuhause zu sein, was dort gerade passiert, denn mit 6 bzw. in der Sommerzeit sogar 7 Stunden Zeitverschiebung ist es nahezu unmöglich mit allen wichtigen Personen den Kontakt dauerhaft aufrechtzuerhalten, so viel sie einem auch bedeuten. Aber auch das gehört eben dazu. Ich habe momentan zwei parallele Leben, die irgendwie nicht zusammenpassen. Eines in Deutschland und mein momentanes Leben hier in Ecuador.

Dieses Gefühl zu beschreiben ist sehr kompliziert, aber für Außenstehende, die nicht selber solche Erfahrungen machen, ist nicht einfach nachzuvollziehen, wie es ist wenn man zum fünften Mal an einem Tag „la vaca Lola“ (ein spanisches Kinderlied, dass jede*r von uns mittlerweile schon mitsingen kann) anhören zu müssen; morgens gespannt nach der Melodie des Gaswagens zu hören, um schnell zur Straße zu sprinten und ihn anzuhalten, damit man sich seinen Tee kochen kann; im Taxi oder Bus als 18-jährige mit einem vierjährigen auf dem Schoß gefragt zu werden, ob man denn die Mutter sei; oder wenn man plötzlich beim Verreisen am meisten Angst hat, dass bei einem Einbruch in der WG nicht etwa das iPad oder Bargeld, sondern das von Zuhause mitgebrachte heißgeliebte Kuscheltier geklaut wird. All diese Situationen sind die kleinen Details, die mein neues Leben hier ausmachen, die ich so zuvor noch nie erlebt habe und dafür sorgen, dass es sich wie ein zweites, neues, ganz anderes Leben anfühlt.

Für mich war der Einstieg in dieses neue Leben sehr abrupt, nur einen Tag vor meiner Abfahrt nach Frankfurt bin ich 18 geworden und wurde somit pünktlich zur Volljährigkeit gleich auf mich alleine gestellt. Mit all den neuen Erfahrungen, dem für sich selbst sorgen, der Arbeit und der Entfernung lernt und erfährt man in kurzer Zeit sehr viel, wird in gewisser Weise erwachsener und definitiv selbstständiger, man lernt vieles mehr schätzen und sei es nur eine Umarmung oder ein fertig gekochtes Essen, wenn man nach Hause kommt. Und gleichzeitig werde ich hier in einigen Situationen wieder zum Kind, denn durch das Wertschätzen von vielem, achtet man auch deutlich mehr auf die kleineren Dinge. So freue ich mich bereits darüber, wenn es morgens im Casa Kuchen gibt, ein Kind mit einer guten Note nach Hause kommt oder ich einen klaren Blick auf die wunderschönen Berge erhalte, während ich den schmalen Weg hinunter zum Casa laufe.

Auch mit vier nahezu fremden Personen auf einmal zusammenzuleben verändert den Alltag nochmal stark. Ich schätze die Momente, in denen wir zusammen kochen, reisen, Kartenspiele spielen oder einfach nur quatschen sehr. Gerade wenn eine*r von uns krank ist, wird sich gekümmert, Tee gekocht und Medizin oder Essen eingekauft. Und so werden so langsam aus diesen unterschiedlichen, anfangs noch fremden Charakteren Freunde, wenn nicht sogar eine Art kleine zweite Familie.

Insgesamt kann ich sagen, trotz dessen, dass es einige Tiefpunkte und definitiv viele negative Gedanken gibt, bin ich sehr dankbar diese Erfahrung machen zu dürfen, mich selbst besser kennenzulernen, ein neues Land und eine neue Kultur zu erleben, neue Freunde zu finden und zu merken, was nur ein kleines bisschen Aufmerksamkeit verändern kann.

 

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