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9 Monate?!

Und so schnell kann es gehen – ich sitze hier und schreibe bereits meinen dritten Bericht. Inzwischen bin ich seit 282 Tagen in Ecuador. Die einst fremde Stadt, von der ich, bevor ich mich bei der Ecuador Connection beworben habe, noch nie etwas gehört hatte, fühlt sich mittlerweile wie ein Zuhause an. Ich weiß, wann ich was bei der Arbeit zu tun habe, wo die Dinge beim Aufräumen hingehören und auch meistens wie ich am besten mit einem Kind umgehe, wenn es traurig oder wütend ist – all das passiert inzwischen ganz selbstverständlich.

In letzter Zeit gibt es ein Thema, das bei unseren Abendessen in der WG immer wieder aufkommt: Wie kann die Zeit nur so schnell vergangen sein? Wie ist es möglich, dass wir seit neun Monaten hier gemeinsam leben? Immer mehr kommen Themen wie „Was wollen wir die restlich verbleibenden Wochenenden noch alles machen?“ oder „Wisst ihr noch als … ?“.

Manchmal fühlt sich alles einfach nur surreal an. Mir war von Anfang an klar, dass dieses Jahr mich in irgendeiner Weise verändern würde – aber, dass es mich so prägen und ich so viel erleben würde, hätte ich ehrlich gesagt nicht erwartet. Ich bin immer wieder dankbar, dass ich mich für dieses Jahr entschieden habe, und habe das Gefühl – auch wenn das jetzt vielleicht ein bisschen kitschig klingt – genau da zu sein, wo ich gerade sein sollte. Natürlich gibt es auch Tage, an denen ich erschöpft ins Bett falle und überhaupt keine Lust habe, am nächsten Morgen das Haus zu verlassen. Aber alles in allem bin ich gerade einfach glücklich.

Ein Moment, in dem mir das besonders bewusst wurde, war meine Reise nach Peru und Bolivien. Anfang Mai sind Johanna und ich für 10 Tage zusammen durch die beiden Länder gereist. Ich hatte total viel Spaß und bin sehr froh, dass wir das beide zusammen erleben konnten. Wir haben zusammen viel gesehen und neue Orte kennengelernt – und ja, Reisen ist unglaublich bereichernd. Aber nach all dem Unterwegssein habe ich gemerkt, wie schön es auch ist, einfach wieder in Ibarra anzukommen. Wieder in meinen Alltag zurückzukehren, meinen morgendlichen Weg zur Arbeit langzuradeln, zusammen an unserem Küchentisch zu Abend zu essen, montags und dienstags zu meinem Salsa-Kurs zu gehen ein ganz „normales“ bzw. relativ entspanntes Wochenende zu verbringen. Ich liebe Reisen – aber ich habe auch gemerkt, wie sehr ich Ibarra und meine Routine schätze. Ibarra bedeutet für mich inzwischen nicht nur Arbeit und Projekt, sondern auch irgendwie Vertrautheit und Gemeinschaft von uns.

Inmitten unseres alltäglichen Lebens in Ibarra wurde mir in den letzten Monaten aber auch immer wieder bewusst, wie komplex die Situation im Land ist – auch wenn wir selbst davon in unserem Alltag ehrlich gesagt wenig mitbekommen haben. Am 13.04.2025 war die zweite Präsidentschaftswahl, in der es sich zwischen den beiden Kandidaten Daniel Noboa und Luisa González entschieden hat. Vieles haben wir vor allem durch unseren Mentor erfahren, der uns in unseren Besprechungen von gewaltsamen Vorfällen, Unsicherheit und der Zunahme von Kriminalität erzählt hat. Diese Berichte waren oft schwer zu verarbeiten, vor allem weil unser eigener Alltag gleichzeitig so ruhig und sicher erschien.

Auch auf Reisen durch das Land war spürbar, wie unterschiedlich die Meinungen der Menschen sind. Durch manche Gespräche wurde sehr viel politische Frustration deutlich, in anderen wurde hingegen viel Hoffnung auf einen der beiden Kandidaten geäußert. Zwischen den verschiedenen Regionen, zwischen Stadt und Land, sogar zwischen den einzelnen Stadtvierteln, war die Stimmung oft sehr unterschiedlich. Diese Spannungen zu erleben, ohne selbst direkt betroffen zu sein, hat mich oft nachdenklich gemacht – und mir bewusst gemacht, wie privilegiert und geschützt wir unsere Zeit hier eigentlich erleben.

Wenn ich wiederum an Deutschland denke, ist das mit sehr gemischten Gefühlen verbunden. Natürlich vermisse ich meine Familie und Freunde – aber abgesehen davon fehlt mir kaum etwas. Als meine Mutter mich Mitte April besuchen kam, fragte sie mich vorher oft, was ich aus Deutschland vermisse und ob sie mir etwas mitbringen solle. Als ich ihr dann ein paar wenige Dinge nannte, und sie mich fragte, ob ich wirklich nicht mehr haben wollen würde, wurde mir bewusst, dass ich eigentlich gar nichts wirklich vermisse. Ich glaube, das liegt vor allem daran, dass ich weiß, dass ich früher oder später ohnehin zurückkehren werde.

Stattdessen mache ich mir im Moment am meisten Gedanken über meine Rückkehr nach Deutschland: Was, wenn mir mein Studium nicht gefällt?

Was, wenn es sich komisch anfühlt, meine Freunde wiederzusehen?

Was, wenn ich keine Wohnung finde?

Gleichzeitig habe ich immer wieder das Gefühl, dass es für mich einfach noch nicht an der Zeit ist zu gehen. Nicht, weil ich Angst vor der Rückkehr habe – die wird so oder so irgendwann kommen – sondern weil ich mich so fühle, dass eine längere Zeit hier in Ecuador gerade das Richtige für mich ist.

Nach langem Überlegen habe ich mich deshalb entschieden, diesem Gefühl zu folgen – und meinen Aufenthalt zu verlängern. Auch wenn ich eigentlich schon länger wusste, dass ich gerne bleiben möchte, war es dennoch keine einfache Entscheidung. Ich habe mich selbst lange unter Druck gesetzt, „endlich“ mit dem Studium anzufangen. Viele in meinem Freundeskreis haben schon letztes Jahr begonnen zu studieren. Lange hatte ich deshalb das Gefühl, „hinterher“ zu sein – oder irgendwie „alt“, wenn ich später starte.

Aber inzwischen denke ich mir: Das Studium läuft mir nicht davon. Die Chance, mit weltwärts hier zu verlängern, ist einmalig. Und ich habe für mich akzeptiert, dass mein Weg eben gerade so aussieht – und dass das auch vollkommen okay ist.

Eine große Veränderung steht aber dennoch bevor: Ich werde nicht in Ibarra verlängern, sondern ab August mit der lieben Talea nach Quito zur „Fundación Campamento Cristiano Esperanza“ wechseln. Diese Entscheidung fiel mir alles andere als leicht. Ich habe meine Kinder, meinen Arbeitsplatz und Ibarra als Stadt sehr ins Herz geschlossen. Und trotzdem reizt mich das neue Projekt in Quito – ich bin gespannt darauf, noch einmal neu zu beginnen, neue Menschen kennenzulernen und in einem anderen Umfeld zu arbeiten als bisher.

Jetzt, während ich all das hier schreibe, merke ich, wie glücklich ich mich mit meiner Entscheidung fühle. Ich freue mich auf das, was noch kommt – auf neue Erfahrungen, neue Perspektiven und neue persönliche Herausforderungen.

Ihr werdet also definitiv noch ein bisschen länger von mir hören.

Bis bald – und ganz liebe Grüße aus Ecuador!

 

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