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Um ehrlich zu sein...

hatte ich erstaunlich wenig Ahnung, worauf ich mich einlasse. Für mich war immer klar, dass ich nicht sofort studieren werde, da ich mit 17 Jahren mein Abitur gemacht habe und bis heute nicht weiß, was ich studieren oder in der Zukunft machen möchte. Deshalb habe ich mich durch verschiedene Freiwilligendienste geklickt. Bei der Ecuador Connection bin ich vorerst hängengeblieben, weil Lateinamerika eines meiner bevorzugten Einsatzgebiete war und vor allem, weil ich ursprünglich keine 12 Monate machen wollte... Am Ende hat mir die Organisation am besten gefallen, die Projekte klangen gut und die Leute wirkten alle sehr begeistert. Damals habe ich mir relativ viele Berichte von früheren Jahrgängen durchgelesen, um ein Gefühl für das wirkliche Leben vor Ort zu bekommen. Wenn man so will, schreibe ich diesen Bericht für mein jüngeres Ich.

Letztendlich habe ich mich sehr auf dieses Jahr gefreut, der Abschied fiel mir leichter als gedacht und plötzlich saß ich mit den anderen vier Mädchen im Flugzeug nach Quito. Meine größte und einzige Sorge in diesem Moment war, dass wir uns als Gruppe nicht gut verstehen würden. Ansonsten bin ich alles ziemlich naiv und ohne große Erwartungen angegangen. Diese Sorge verflog aber schnell, denn neben Gemeinsamkeiten verbinden Menschen vor allem gemeinsame Erlebnisse und daran hat es uns während unserer dreitägigen Reise nach Ecuador definitiv nicht gefehlt. In Ibarra lernten wir Jannik kennen, einen Freiwilligen aus dem letzten Jahr und unseren neuen Mitbewohner für einen Monat. Im Nachhinein denke ich, dass es uns sehr geholfen hat, Jannik zu „haben“. Generell würde ich sagen, dass eine solche „Überlappungszeit“ zwischen alten und neuen Freiwilligen das Ankommen erleichtert, aber auch den alten Freiwilligen ein Gefühl des Abschieds gibt, weil sie durch die Neuankömmlinge merken, wie weit sie in diesem Jahr gekommen sind. Wahrscheinlich lag es aber auch einfach an Janniks Charakter, der so hilfsbereit und offen war, uns alles zeigte, alle Fragen beantwortete und es auch schaffte, sich nochmal neu bei uns einzuleben.

Nachdem wir Claudia an unserem Ankunftstag getroffen hatten, hatten wir erst einmal eine Woche Eingewöhnungszeit, haben uns die verschiedenen Häuser angeschaut und andere Erledigungen gemacht. Meine größte Sorge war dann, in welches Haus ich eingeteilt werde. Wir dachten damals alle, dass die Person, die nach Bellavista kommt, alleine arbeiten würde. Deswegen war Bellavista so ein bisschen das Haus, wo keiner hin wollte, weil es das Haus außerhalb der Stadt ist, weil man alleine arbeiten würde und weil man einfach generell einen ganz anderen Tagesablauf hat, weil es in Bellavista keine Früh-/Spätschicht gibt. In Bellavista muss man einen Weg durch „Felder“ vom Haus zur Bushaltestelle gehen, den man am besten nicht früh morgens oder spät abends im Dunkeln geht. Die Kinder gehen nicht zu Fuß zur Schule oder zu anderen Aktivitäten, sondern fahren mit dem Taxi. Jedenfalls fanden wir schließlich heraus, dass zwei Freiwillige in Bellavista arbeiten würden, und das waren dann Marlene und ich. Ich war in dem Moment nicht enttäuscht, sondern einfach nur froh, dass ich nicht alleine arbeiten musste, da ich kaum Spanisch konnte. Aber auch wenn man kein Spanisch kann und alleine arbeitet – keine Sorge, das klappt schon.

Der Einstieg in die Arbeit war auch sehr gut, die Ecudacoras (Erzieherinnen) waren alle super nett zu uns und auch die italienische Freiwillige, mit der wir am Anfang zusammengearbeitet haben, war super nett. Ich denke, je mehr Zeit vergeht, desto mehr Verantwortung hat man auch im Haus und das macht sich langsam bemerkbar. Das war vielleicht auch eine Art Angst, die ich vor meinem Freiwilligendienst hatte, also das Gefühl zu haben, dass man im Einsatzland „überflüssig“ ist, dass man gar nicht gebraucht wird und dass man durch sein Dasein letztendlich mehr Negatives bewirkt. Solche Freiwilligendienste gibt es durchaus, auch andere weltwärts-Freiwillige, die selbst sagen, dass sie nur drei Stunden am Tag arbeiten und in dieser Zeit nur herumsitzen. Wir auf der anderen Seite tragen relativ viel Verantwortung, noch mal eine andere Verantwortung, weil in Bellavista alles mit der Mobilität aufgrund der Entfernung schwieriger ist und auch, weil uns im Moment ein italienischer Freiwilliger fehlt, den die anderen Häuser haben. Diese Verantwortung ist manchmal sehr groß und auch mit Schuldgefühlen verbunden, z.B. ist es schon vorgekommen, dass die Kinder nicht zur Schule gehen konnten, weil wir uns einen Tag frei genommen haben und niemand sie abholen konnte. Schnell haben wir alle gemerkt, dass es hier oft nur darum geht, irgendetwas zu tun. Man bekommt wenig Informationen über die verschiedenen Aufgaben und muss einfach machen, ohne zehnmal nachzufragen. Das war am Anfang schwierig, aber ich glaube, diese Methodik hilft mir generell im Leben. Ich habe auch relativ schnell gemerkt, dass ich lieber das Gefühl einer gesunden Überlastung habe, als das Gefühl, dass mein Dasein mehr oder weniger „umsonst“ ist. Trotzdem ist das Thema Verantwortung eines, über das ich mir gerne im Vorfeld bewusst geworden wäre. Ansonsten ist diese Bemerkung nicht als Vorwurf gegen andere Freiwilligendienste zu verstehen. So wie ich nicht wusste, dass ich so viel Verantwortung tragen würde, wussten andere vielleicht nicht, dass es vor Ort nicht so viel Arbeit für sie geben würde. Aber vielleicht ist dieser Aspekt ein Grund, sich eher für eine Organisation wie die Ecuador Connection zu entscheiden.

Ansonsten ist die Arbeit wirklich toll, man baut auch als Freiwillige nochmal eine ganz andere Bindung zu den Kindern auf und ich merke schon, dass ich, wenn wir länger als ein Wochenende weg sind, die Kinder vermisse, mich frage, wie es ihnen geht und mir den Abschied in ein paar Monaten nicht vorstellen kann. Manchmal fühle ich mich auch schuldig, habe das Gefühl, dass das, was ich tue, nicht genug ist und ich den Kindern und der Fundación gerne mehr helfen würde. Aber es ist wichtig, sich daran zu erinnern, dass man auch „nur“ eine Freiwillige ist und dass selbst die kleinste Hilfe einen winzigen Unterschied macht. Auch Konflikte mit den Educadoras gibt es manchmal, aber selten. Ich denke, es ist sehr wichtig, sich bewusst zu machen, in welcher Position diese Frauen sind. Meistens sind es Mütter, die neben den Kindern auch noch eine eigene Familie haben, die monatelang kein Geld bekommen und einen extrem harten Job machen, in dem sie viel mehr Erfahrung haben als wir Freiwillige. Außerdem ist man als Educadora keine Erzieherin, wie es in Kindergärten der Fall ist. Man ist im Team eine Art „Familienersatz“, eine Mutterrolle, gleichzeitig muss man 13 Kinder gleichzeitig erziehen und trotzdem wird man für diese Arbeit bezahlt. Ich denke, es ist sehr schwierig, allein die Balance zwischen diesen beiden Seiten zu finden. Auch wenn ich in manchen Situationen anderer Meinung bin, habe ich am Ende des Tages sehr viel Respekt vor ihren Lebensumständen und vor ihnen als Menschen. Sonst ist mein größtes Problem bei der Arbeit mein Spanisch, weil ich eigentlich ein sehr kommunikativer Mensch bin und es für mich manchmal sehr frustrierend ist, wenn ich nicht ausdrücken kann, was ich sagen will und mich sprachlich gefesselt fühle. Aber ich denke, das wird mit der Zeit besser werden. Letztenendes bleibt eine Zweitsprache immer eine Zweitsprache, in der man sich nie so ausdrücken kann wie in seiner Muttersprache, und so muss ich wohl lernen, damit zu leben.

Was für mich auch ein sehr großer Teil des Jahres ist, ist das Zusammenleben in der WG. Ich merke, wie es mich verändert, mit so vielen anderen Mädchen zusammenzuleben. Dadurch, dass ich die Jüngste in der Gruppe bin und die anderen zum Teil älter sind als meine große Schwester, merke ich, wie viel ich unbewusst über mich lerne, wenn ich mit den anderen zusammenlebe. Um mich herum sind vier Mädchen, die ich alle für etwas bewundere und von denen ich mir viel abschauen kann. Außerdem bin ich sehr dankbar für die Art des Zusammenlebens, die wir haben, weil wir beispielsweise jeden Abend zusammen kochen und essen und auch in unserer Freizeit immer Zeit miteinander verbringen. Ich glaube, dass mein Freiwilligendienst für mich nicht annähernd so schön wäre, wenn ich mit einer anderen Konstellation von Menschen zusammenlebte. Ich bin sehr dankbar, dass ich sagen kann, dass ich mich während meiner Zeit hier eigentlich nie einsam gefühlt habe. Es ist immer jemand in der Wohnung, mit dem ich über alles reden kann, fast wie zu Hause. Man wächst auch irgendwie durch diese Erfahrung zusammen, wir erzählen uns immer viel von unseren Arbeitstagen, was alles passiert ist, was uns traurig oder glücklich gemacht hat. Es ist auch einfach schön zu wissen, dass es den anderen genauso geht wie einem selbst. Auch wenn es manchmal anstrengend ist, weil so ein Haushalt einfach anstrengend ist, würde ich mir nichts anderes wünschen oder vorstellen können.

Zum Thema Sicherheit kann ich sagen, dass ich mich hier fast so sicher fühle wie in der Frankfurter Innenstadt. Dass vor fast jedem Geschäft ein Wachmann steht und an vielen Hausmauern Glasscherben zur Abwehr angebracht sind, hat man nach zwei Wochen ausgeblendet. Es ist sicher sinnvoll, dem Land und der Situation mit Respekt zu begegnen und am besten immer etwas ängstlicher zu sein, denn das schützt einen am Ende. Wir waren auch alle vier am Anfang sehr ängstlich, haben viele Sicherheitsvorkehrungen getroffen, über die wir jetzt nach drei Monaten lachen. Das liegt aber auch sehr an Ibarra als Stadt. Ich gehe hier mit meinem normalen Handy durch die Straßen und hatte noch nie große Angst oder Situationen, in denen ich hätte Angst haben müssen. Aber ich bin auch einfach selten alleine, denn Marlene und ich haben meistens die gleichen Arbeitszeiten und müssen nie im Dunkeln zur Arbeit oder von der Arbeit nach Hause gehen. Jedoch müssen das die anderen und auch sie haben noch keine schlimmen Erfahrungen gemacht. Ansonsten gehe ich in meiner Freizeit auch nicht alleine nachts um die Blöcke, aber das würde ich als eher ängstlicher Mensch auch in Deutschland nicht machen, vor allem nicht als Frau. Generell sind die Menschen hier aber eher herzlich und interessiert an unserer Herkunft, Sprache und warum wir hier sind. Man wird immer nett angesprochen, ob im Bus, im Supermarkt, an der Tienda (Geschäft) oder sonst wo und es ist immer einfach ehrliches Interesse. Oft wird uns auch für die Arbeit, die wir hier machen, gedankt oder wir werden gelobt. Auch von fremdenfeindlichen Beschimpfungen sind wir bisher weitgehend verschont geblieben, obwohl man in Ibarra im Gegensatz zu Quito oder anderen größeren Städten schon eher auffällt. Eine Sache, die sich dadurch allerdings erschwert, ist das Thema Freundschaften. Man weiß nie genau, ob die Leute einen sehen wollen, weil man „nicht von hier“ ist, oder ob ein generelles Interesse an einem als Person besteht. Ich nehme das aber auch nicht negativ auf, ich denke, dass man auch nicht wirklich dazwischen unterscheiden kann. Und es würde mich sicher auch interessieren, wenn in meine – größtenteils ausländerfreie – Stadt plötzlich eine Gruppe von fünf ausländischen Mädchen käme.

Ich habe ein Auslandsjahr in einem Internat in den USA gemacht und habe damals meine Familie 10 Monate nicht gesehen. Obwohl ich ein sehr familienorientierter Mensch bin, hatte ich in dieser Zeit nie großes Heimweh. Ich dachte, es würde hier ähnlich sein. Ich muss sagen, dass das Älterwerden für mich auch bedeutet, meine Familie und die Beziehung zu ihr viel mehr zu schätzen. Vor allem in Kombination mit der Arbeit, wo man jeden Tag mit den schrecklichen Schicksalen der Kinder konfrontiert wird. Deshalb würde ich nicht sagen, dass ich großes Heimweh habe, sondern eher dass ich merke, wie dankbar ich für mein Zuhause sein kann. Trotz des Heimwehs überlege ich gerade, ob ich meine 10 Monate auf 12 Monate verlängern soll. Mir gefällt es hier sehr gut und ich kann mir im Moment nicht vorstellen, diesen Ort vorzeitig zu verlassen. Ich überlege auch, ob ich nicht schon zum Wintersemester 2025 mit dem Studium anfangen möchte, was für mich eigentlich so immer feststand. Ich würde mir gerne mehr Zeit lassen, das Jahr hier beenden, Praktika machen und noch einmal zu Hause wohnen, bevor ich studiere. Aber das steht alles noch in den Sternen und beim nächsten Bericht wissen wir vielleicht alle ein bisschen besser, wie es für mich weitergeht.

Ansonsten bin ich gespannt, wie meine Sorgen in drei Monaten aussehen, wenn ich den nächsten Bericht schreiben muss und genieße bis dahin die Weihnachtszeit bei über 20 Grad.

Übrigens, wenn du als angehender Freiwilliger bis hierher gelesen hast, empfehle ich dir dringend, deine Erwartungen an dein Jahr aufzuschreiben, denn im Nachhinein hätte ich das gerne getan, weil es für den Bericht praktisch und generell interessant ist. Und dazu wollte ich noch sagen, dass es sich alles gelohnt hat. Ich weiß, die ganzen Seminare zu den verschiedensten Themen sind anstrengend, gerade in der Abizeit ist das nicht gerade das spannendste, aber es lohnt sich. Am Ende ist man wirklich froh, dass man sich verschiedene Organisationen angeschaut hat, geschaut hat, was will ich, was suche ich und will ich das wirklich. Spontanität und Offenheit gehören dazu, aber vor diesem Jahr habe ich immer gedacht, das kann jeder machen und das tut jedem gut, jetzt kann ich verstehen, dass es bestimmt Leute gibt, für die so ein Freiwilligendienst nicht das Richtige ist. Aber es ist immer eine Lebenserfahrung, ob gut oder schlecht.

 

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