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Bevor ich hierher kam

(hierher heißt Ecuador bzw. Quito), habe ich jede Art von Nationalismus, das Empfinden von Liebe oder Stolz für die eigene Nation aufs Schärfste verurteilt. Es gibt dazu ein sehr für sich sprechendes Zitat von Nietzsche: "Bei Nationalismus handelt es sich um die schlechte Ausdünstung von Leuten, die nichts anderes als ihre Herden-Eigenschaften haben, um darauf stolz zu sein." Für mich war Nationalismus und Nationalstolz ein sehr kläglicher Versuch der entsprechenden Bevölkerungsteile Erfolge und Werte ihres Heimatlandes hochzuachten und zu feiern, weil sie einfach nicht in der Lage sind sich eigene zu schaffen. Damit einher geht, dass alles Nationsfremde zugleich als Bedrohung für besagte Erfolge und Werte abgeschrieben, ausgegrenzt und im schlimmsten Falle bekämpft wird. Meine sehr negative Wahrnehmung dieses Sachverhaltes wurde auf zahlreichen Demos gegen Menschen, die sich als Nationalisten bezeichnen und in diesem Zuge rassistisch, homophob und antisemitisch äußern, nur noch bestärkt. Aber dieser Bericht soll nicht von diesen Menschen handeln. Dieser kurze Einblick soll nur meinen damaligen Standpunkt aufzeigen, um zu verdeutlichen, wie Ecuador meine Meinung zu dieser Thematik zumindest ein Stück weit geändert hat.

Als wir vor drei Monaten hier angekommen sind, habe ich mich glaube ich schon mit dem ersten Schritt aus dem Flughafengebäude in das Land verliebt. Es war 6 Uhr morgens und wir hatten eine klare Sicht auf den Cotopaxi (Vulkan) in der Kulisse der aufgehenden Sonne. Keine schlechte Begrüßung würde ich sagen. Die ersten Tage waren sehr überwältigend und nicht unbedingt die schönsten meines Lebens :). Quito ist einfach eine riesige, laute Stadt und damit musste ich als Kleinstadtkind erstmal klarkommen. Fasziniert war ich aber sofort von der überall, allgegenwärtigen Musik in dieser Stadt (ob im Bus, auf der Straße oder im Restaurant), der herzlichen Offenheit der Menschen und dem Busfahren (dazu ist wichtig zu wissen, dass weder richtige Haltestellen noch Busfahrpläne existieren und man dem Busfahrer mit der Klingel oder laut „Gracias“ rufend zu verstehen gibt, wo man gerne aussteigen möchte- ziemlich praktisch eigentlich- um dann noch in halber Fahrt aus dem Bus zu springen).

Auch die ersten Arbeitstage in der Fundacion waren nicht unbedingt einfach. Ich hatte vorher noch keine Erfahrung mit Menschen mit körperlicher und geistiger Einschränkung gemacht und war am Anfang ein wenig überfordert mit den Kindern, vor allem aus der Angst heraus irgendetwas falsch zu machen. Dazu kam noch die fremde Sprache, die mich zwang in -zum Teil sehr verrückter- Zeichensprache zu kommunizieren, und die Erfahrung das erste Mal 40 Stunden in der Woche zu arbeiten. Man könnte jetzt annehmen, dass wir alle drei am Ende des Tages vollkommen fertig und müde für den Rest des Abends in unseren Zimmern bzw. Betten verbrachten. Tatsächlich waren es aber lustige und sehr vielzählige Abende in Bars, Restaurants und Clubs und damit auch erste Kontakte zu sowohl anderen Freiwilligen und Reisenden als auch zu Einheimischen, die unsere Situation verbesserten.

Ich glaube wir drei hatten von Anfang an das Gefühl unsere Zeit in Ecuador, das eine kurze Jahr, das uns blieb, so gut wie möglich nutzen zu müssen. Somit dauerte es nicht lange und wir landeten am Refugio (Berghütte und Startpunkt für Wanderungen) vom Cotopaxi auf 5100 m Höhe, in Puerto Lopez zum Whalewatching und auf den bunten Märkten von Otavalo, um uns auch endlich mit bunten Alpakapullis einzudecken. Das alles per Überlandbus, mit dem man hier relativ bequem und vor allem sehr preiswert gut von Ort zu Ort reisen kann. Mein persönlicher Höhepunkt bis jetzt war eine Hochtour auf den Antisana, der mit 5700 m zu den höchsten Vulkanen in Ecuador zählt. Ein unvergesslich anstrengendes, aber wunderschönes Erlebnis!

Ecuador ist in insgesamt vier geographische Zonen unterteilt: Der Amazonas, die Sierra (also der Hochgebirgsbereich der Anden, da wo wir wohnen), die Costa (Küste) und die Galapagos-Inseln. Aber die Zonen unterscheiden sich nicht nur in Vegetation und Klima. Auch wirtschaftlich kann man differenzieren. So ist die Costa von mehr Armut und Kriminalität geprägt. Aber ganz unabhängig von den Fakten, empfinde ich auch in jedem Teil ein ganz anderes Lebensgefühl. Die Küste z.B. ist erfüllt vom Fischgeruch und Möwengeschrei. Bei unserer Ankunft in Puerto Lopez überholten wir in unserem offenen Dreiradtaxi auf dem Weg zum Hostel einen Shrimps-Verkäufer, der mit einer großen Box Shrimps auf dem Gepäckträger seines Fahrrads und laut: „Camaron! Camaron!“ (Garnele) rufend durch die Straßen der kleinen Küstenstadt düste. Ich durfte insgesamt schon drei der vier Zonen besuchen und im Februar kommen hoffentlich auch die Galapagos Inseln dazu. Mein persönlicher Favorit ist die Sierra, auch wenn die beiden anderen Bereiche ihren absolut individuellen Charme haben.

Zu Hause gefühlt habe ich mich tatsächlich, nach dem schweren Abschied, unerwartet schnell. Nicht nur in unserer WG, sondern auch in Ecuador, wozu vor allem die offenen und hilfsbereiten Menschen hier beigetragen haben. Ich persönlich nehme den "Ecuadorianischen Way of life“ im Vergleich zu Deutschland, als sehr anders wahr. Statt Zeit- und Leistungsdruck, scheinen hier Werte wie eben Freundlichkeit, Hilfsbereitschaft und -um auf die zu Beginn angesprochene Thematik zurückzukommen- der Stolz und die Tiefe Verbundenheit zum eigenen Land eine große Rolle zu spielen. Seltsamerweise nehme ich diesen Nationalstolz hier keineswegs als negativ wahr. Im Gegenteil scheint die tiefe Zufriedenheit der meisten Ecuadorianer*innen eben zu einem Teil auf genau diesen Nationalstolz zurückzuführen zu sein. Die Liebe zu ihrer vielfältigen Kultur, Natur und Geschichte hat, ganz anders als bei den oben von mir geschilderten Situationen in Deutschland, nichts Ausgrenzendes. Im Gegenteil! Ich wurde schon oft mit einem erwartungsvollen und stolzen Lächeln gefragt, ob mir denn Ecuador gefalle und mit einem noch breiteren Lächeln beschenkt, wenn die Antwort "ja, sehr" lautete. Es ist fast gruselig, wie ansteckend diese innige Liebe der Ecuadorianer*innen zu ihrem Land ist. Ein aktuelles, wohl sehr gutes, Beispiel ist die Fußballweltmeisterschaft. Auch wenn man diese unter den herrschenden Umständen wohl am besten boykottiert, kann man sich einen Publik View im Carolinapark einfach nicht entgehen lassen. Die Menge die schreiend vor Freude in die Luft springend oder mit Freudentränen in den Augen auf die Knie sinkend, nicht nur jedes Tor, sondern alle zwanzig Tor-Chancen, bejubelt. Ecuadorianer*innen, die sich mit dir Abschlagen oder dir glücklich um den Hals fallen. Das ist schon verdammt mitreißend und einfach ein schöner Anblick. Es ist ein Nationalstolz der auf seltsame Art und Weise nicht nur die Einheimischen, sondern einfach alle, die das Land schätzen und lieben gelernt haben, ergreift. Ob im Club beim Reggaeton-Tanzen oder im Bus bei Gesprächen über das nächste Ziel, es ist der Wille der Menschen dir die eigene Kultur und Art zu leben näherzubringen.

Alles ist ein absolutes Abenteuer und man lernt nun vom Leben, nicht in der Schule...

 

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