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Irgendwo zwischen Deutschland und Ecuador

“Qué?” (Was?), “Mande?” (Wie bitte?) ,”Perdón?” (Entschuldigung?). Das sind vermutlich die meisten Wörter, die ich in den ersten drei Monaten benutzt habe. Oftmals war es für mich sehr frustrierend, die Sprache nicht zu sprechen. Oft kam bei mir das Gefühl auf, dass ich dadurch nicht mit Menschen in Kontakt kommen kann und es mir so verschlossen bleibt, die Kultur Ecuadors richtig kennenzulernen. In sehr vielen Momenten habe ich bereut, dass ich in Deutschland nicht schon mehr Spanisch gelernt habe. Doch ich lernte in den ersten drei Monaten nicht nur auf der sprachlichen Ebene viel dazu, sondern auch geduldig mit mir selbst zu sein. Meine Spanischkenntnisse haben sich im Verhältnis zum ersten Tag extrem erweitert. Ich kann oberflächliche Gespräche führen. Ich gab mir selbst Zeit, auf der Arbeit, die manchmal sehr anstrengend und nervenzehrend ist, anzukommen. In meinem Casa (Haus) in Bellavista hatte ich in erster Linie nicht nur das Kommunikationsproblem, sondern musste leider auf sehr harte Art und Weise feststellen, dass ich mir die Arbeit ganz anders vorgestellt hatte, als sie wirklich ist. In meiner Vorstellung spielte ich den ganzen Tag nur mit den Kindern und hatte nach einem acht Stunden Tag noch die Energie meinen eigenen Freizeitaktivitäten nachzukommen. Jedoch besteht ein typischer Arbeitstag auch oftmals aus einfachen Haushaltstätigkeiten. Solange die Kinder in der Schule sind, muss die Wäsche gemacht werden, das Mittagessen vorbereitet und das ganze Haus geputzt werden. Auch nachdem ich die Kinder von der Schule abgeholt habe und das Mittagessen verspeist wurde, helfe ich den Kindern bei ihren sogenannten “eficios”. Dies sind Aufgaben, die jedes Kind nach dem Mittagessen erledigen muss. Hierbei stehen unter anderem Toilettenputzen, der Abwasch oder die Wäsche auf dem Plan. An einem normalen Arbeitstag bleibt daher meistens keine Zeit mit den Kindern intensiv zu spielen, da neben den Haushaltstätigkeiten auch noch die Hausaufgaben erledigt werden müssen. Dadurch, dass meine Vorstellungen sehr stark von der Realität abgewichen sind, waren die ersten Wochen, in denen ich gearbeitet habe, teils sehr ernüchternd und frustrierend. Doch auch hier habe ich gelernt, dass man sich mit der Zeit an die Gegebenheiten, auch wenn sie von der eigenen Wunschvorstellung abweichen, gewöhnt.

Erst beim Lesen der Berichte, der ehemaligen Freiwilligen, ist mir bewusst geworden, wie viel für mich schon zur Normalität geworden ist: Popcorn in der Suppe, extrem laute Filme in den Reisebussen, die Melodie des Gaswagens, Preise verhandeln, keine Anschnaller im Auto zu nutzen, aber leider auch das tägliche Catcalling, welches meine Geduld und Selbstbewusstsein immer wieder auf die Probe stellt.

Ich dachte, dass ich mich vielleicht auch irgendwann mit den alltäglichen sexistischen Bemerkungen und Kommentaren abfinden werde, aber mittlerweile bin ich mir sicher, dass ich mich auch kurz vor meinem Rückflug immer noch nicht daran gewöhnt haben werde. Es ist für mich sehr befremdlich zu sehen, dass hier Rollenbilder von Männern und Frauen sowie der allgemeine Umgang mit einer Frau anders als in Deutschland wahrgenommen werden. Ich finde es jeden Tag erschreckend, wie viele Frauen unter häuslicher Gewalt, sexueller Belästigung oder Ähnlichem leiden. Ich fühle mich oft unwohl, wenn ich alleine das Haus verlasse, sei es nur um meine Einkäufe auf dem Markt zu erledigen. Obwohl ich mich gerne dagegen wehren würde, bleib ich hier still. Oftmals aus Angst. Diese Thematik ist etwas, das mich sehr stark belastet und mich wütend und traurig zugleich macht.

Nach drei Monaten meines Freiwilligendienstes schwebe ich irgendwo zwischen Deutschland und Ecuador. Mein Zuhause war schon immer in Deutschland. In meiner Heimatstadt war alles so vertraut, aber mittlerweile sind so viele Gegebenheiten, die anfangs noch komisch waren und ganz anders als in Deutschland sind, normal geworden und fest in meinen Alltag integriert. Jeden Tag schließe ich Ecuador mehr und mehr in mein Herz und frage mich, wo ich eigentlich hingehöre?

Und auch obwohl ich manchmal total erschöpft von der Arbeit und dem täglichen Spanischunterricht bin, schaffe ich es trotzdem noch meinen eigenen Freizeitaktivitäten nachzugehen. Zweimal die Woche gehe ich in den Gong zum Salsa-Unterricht. Im Gong schaffe ich es, auch trotz meines gebrochenen Spanisch neue Leute kennenzulernen. Dadurch erhalte ich jeden Tag mehr und mehr Einblicke in die ecuadorianische Kultur, bekomme ein paar Worte auf Quichua beigebracht, lerne etwas über die koloniale Vergangenheit dieses Landes und kann mit jedem Gespräch meine Sprachkenntnisse erweitern. Am Wochenende reise ich sehr viel mit meinen Mitfreiwilligen, die so langsam, aber sicher so richtig zu meiner Familie werden. Wir haben schon zusammen unser Tanzbein in Cuenca auf einem Konzert geschwungen, eine Wanderung zu den Wasserfällen in Mindo gemacht und auf der Ladefläche eines Pickups im Regen unser Lieblingslied gesungen. Wir schaffen zusammen Erinnerungen, die uns immer verbinden werden. Ich freue mich riesig auf die nächsten Monate und bin gespannt, was wir noch erleben werden. Ich freue mich darauf, meine sprachlichen Kenntnisse zu erweitern, noch mehr in Ecuador zu reisen, mit neuen Menschen in Kontakt zu treten und mehr über die Kultur dieses Landes zu erfahren.

 

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