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Wahl mit Strahlkraft

Internationale Beobachter und Journalisten sehen in der Präsidentschaftswahl in Ecuador eine wichtige Entscheidung für die „linke Vision“ Südamerikas. Warum sie dafür nur bedingt taugt – und trotzdem richtungsweisend für die Region sein wird.

Ein Kommentar

Nun ist schon beinah die Hälfte meines Freiwilligendienstes in Ecuador vorüber. Teilweise hat sich die Zeit gezogen, meist ist sie verflogen. Die Eingewöhnungsphase, in der alles neu und aufregend, manchmal auch irritierend ist, scheint vordergründig vorüber. Die Arbeit wird zum Alltag und die Sprachkenntnisse machen große Fortschritte. Doch langweilig wird es deswegen keineswegs – im Gegenteil. Gerade die sprachlichen Fähigkeiten eröffnen viele neue Möglichkeiten: Neben dem Lesen von Zeitungen und Büchern, vor allem einen tiefer gehenden Austausch mit seinen Mitmenschen. Man lernt das Land nicht nur kennen, man beginnt es langsam zu verstehen - die Menschen, die Kultur.
Darüber hinaus kann man sich nun auch etwas ernsthafter mit anderen Themenfeldern auseinandersetzten – zum Beispiel der Politik. Denn die spielte in den vergangenen Monaten im öffentlichen Leben Ecuadors eine überdurchschnittlich große Rolle...
die Wahlen stehen vor der Tür!

Knapp eine Woche - dann wählen die Ecuadorianer ihren neuen Präsidenten ()und der Süden Amerikas schaut gespannt auf den Ausgang der Wahlen in dem vergleichsweise kleinen Land. Denn sie ist die erste von mehreren im Wahljahr 2017 in Lateinamerika und der Karibik. Viele nationale und internationale Journalisten schreiben ihr deswegen eine entscheidende Bedeutung in der gesamten Region zu. Manche, gerade ausländische Beobachter, gehen sogar noch weiter und erklären sie zur Entscheidung über „die linke Vision Südamerikas“. Doch dafür taugt sie nur bedingt.

So kommentierten Angelike Páez und Mona Heiss gestern in der Kolumne des Deutschen Instituts für Entwicklungspolitik (DIE) die Wahl beispielsweise wie folgt: „Die jüngsten Wahlausgänge fordern linke Ideale heraus. Die Wahl am Sonntag wird entweder eine neue Politik in Ecuador etablieren oder einen Überlebensplan für Lateinamerikas Progressivismus aufzeigen.“.

Der Journalist Juan Manuel Karg spricht in seinem Beitrag für „amerika21“ vom „Correismus“ und einem Epochenwandel:„"Correismus" – wie die von Präsident Rafael Correa angeführte Bewegung wegen der erreichten Veränderungen im Leben von Millionen Menschen gemeinhin genannt wird,- setzt auf die Kontinuität der "Bürgerrevolution", die seit Januar 2007 von der Regierung aus einen wahren Epochenwandel eingeleitet hat.“

Einen wahren Epochenwandel hat die aktuelle Regierung in Ecuador also eingeleitet – ist „links“ und „progressiv“?

Das war sie vielleicht einmal – doch viel ist davon nicht mehr übrig! Und viel wichtiger in diesem Kontext, so zumindest meine Erfahrungen, die „revolutionären“ Bürger mit „linken“ Überzeugungen wählen sie nicht!

„Sie“ das ist die „Alianza PAIS“, die Partei des aus dem Amt scheidenden Präsidenten Rafael Correa. Der war 2006 mit einer linksorientierten Politik angetreten und gewählt worden. Zunächst mit viel Erfolg und Wohlwollen der Wählerschaft. Gerade in den ersten Jahren verhalf er Ecuador zu beachtlicher wirtschaftlicher und vor allem politischer Stabilität. Die extreme Armut wurde in seiner Amtszeit um rund ein Drittel gesenkt, der Zugang zu Bildung in weiten Teilen des Landes verbessert. Zudem zählt der eingeführte Mindestlohn zu den höchsten in Südamerika. Finanziert wurden diese Umschwünge in erster Linie durch Besteuerung der Oberschicht und privater Unternehmen. Grundsätzlich also eine im linken Spektrum anzusiedelnde Politik.

Doch von dieser inklusiven Politik seiner Anfangsjahre ist wenig geblieben, so sehen es zumindest viele seiner damaligen Wähler. Gerade die „Linken“ der damaligen „Alianza PAIS“-Wähler kehren der Partei nun den Rücken.

In vielen Gesprächen mit Freunden, Bekannten und Unbekannten fielen immer wieder Begriffe wie „politische Eliten“, „Lügner“, oder „Mafiosi“. Wörter die die Politikverdrossenheit und den Nicht-Glauben an eine Veränderung wiederspiegeln. Und das durch alle Gesellschaftsschichten hindurch, von Studenten, über Handwerker und Erzieherinnen, bis hin zu Mitarbeitern der Vereinten Nationen oder anderen politischen und/oder Hilfsorganisationen.

Die Gründe für diese Unzufriedenheit mit der aktuellen Regierung sind vielfältig.

So verschlechterte sich in den vergangenen Jahren beispielsweise die Situation der Pressefreiheit kontinuierlich – 2013 übernahm die Regierung sogar die Ausschreibung von Fernseh- und Radiofrequenzen. Viele sehen darin eine Bedrohung der redaktionellen Unabhängigkeit und werfen der Regierung ohnehin eine stetig wachsende Propaganda-Maschinerie und immer autokratischere Züge vor. So entging die regierungskritische Umweltorganisation „Accion Ecologica“ kürzlich nur knapp der Schließung.

Die Hauptgründe für den Vertrauensverlust dürften aber wohl mehrere Korruptionsaffären und der geplante Ausbau des Bergbaus sein. Zu seiner Anfangszeit hatte Correa vor allem gepredigt, die Ungleichheit im Land bekämpfen zu wollen. Nun bezichtigen ihn viele seiner ehemaligen Wähler genau diese weiter gefördert zu haben und eine Politik für Eliten zu machen – auf Kosten des Restes und besonders der indigenen Bevölkerung.

So wirft ein großer Teil der Bevölkerung der Regierung vor, die nach dem Erdbeben 2016 zum Wiederaufbau erhobenen Steuern veruntreut zu haben. Die Regierung stritt das ab, weigert sich aber bis heute entsprechende Ausgaben transparent zu machen.

Zudem treibt die Regierung große Bau- und Bergbauprojekten in Gebieten indigener Bevölkerung voran. Gleiche Rechte für alle? Wohl eher das Recht des Stärkeren, beziehungsweise in diesem Fall Reicheren und Mächtigeren. So die Erfahrungen aus vielen meinen Gesprächen.

Lange könnte man diese Liste weiterführen, sicherlich könnte man aber auch weitere Errungenschaften der Regierung aufzählen. Gerade der Ausbau der Infrastruktur und die Investitionen ins Bildungssystem sichern der Partei in Teilen der Bevölkerung einen gewissen Rückhalt.

Und … vielleicht größter Pluspunkt für die „Alianza PAIS“ im Wahlkampf: Echte Optionen für Wähler mit linker Gesinnung gibt es nicht. Größter Konkurrent der momentanen Regierungspartei mit dem Kandidaten, Lenin Moreno, ist wohl der konservative Banker Guillermo Lasso der Partei „Creo“. Für viele bleiben somit nur die Möglichkeiten Kandidaten ohne eine Aussicht auf eine Regierungsbeteiligung, oder „ungültig“ zu wählen. Eine Option, die in Ecuador vorgesehen ist, da hier Wahlpflicht herrscht.

So wird am Sonntag ein großer Teil der Ecuadorianer seinen neuen Präsidenten wählen. Doch unabhängig davon, ob die „Alianza PAIS“ im ersten Wahlgang siegen und die Regierung fortsetzen wird oder, ob es in einem zweiten Wahlgang zur Stichwahl zwischen Lenin und Lasso kommt, eine Wahl der „Linken“ für eine „linke Vision“ Ecuadors wird es nicht sein!

Und trotzdem, in Zeiten eines „Rechtsrucks“ in Brasilien und Argentinien und mehreren anstehenden Wahlen wäre ein Sieg eines rechtsorientierteren Kontrahenten ein deutliches Signal gegen eine linke Vision und hätte wohl eine entsprechende Strahlkraft für ganz Südamerika.

 

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