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Ines Ritgen - 1. Bericht

Nun bin ich bereits drei Monate in Quito und habe mich hier schon soweit eingelebt, dass es zu meiner neuen Heimat geworden ist. Die Arbeit in der Fundación gefällt mir sehr gut und an den Wochenenden reise ich oft in die unterschiedlichsten Orte Ecuadors. Besonders die erste Arbeitswoche war besonders spannend und abenteurerreich: Eine Woche voller neuer Erfahrungen und Eindrücke liegt hinter mir. Eine Woche, die mir persönlich sehr geholfen hat und die ich stets in guter Erinnerung behalten werde. Meine erste Woche in der Fundación Campamento Cristiano Esperanza. Die erste Arbeitswoche fing mit einem erfahrungsreichen Montag an und endete mit einem bunten Sonntag. Aber nun zu den Details… Montagmorgen haben wir uns relativ aufgeregt auf den Weg zur Fundación gemacht. Einer der Freiwilligen der letzten Gruppe, der noch ein wenig in Ecuador ist, hat uns begleitet, da auch er diese Woche noch arbeiten war. So mussten wir uns nicht allzu sehr auf den Weg konzentrieren und konnten uns in Gedanken schon mal auf den Tag vorbereiten. Unser erster Arbeitstag begann also pünktlich um 8.30 Uhr. Wir wurden ganz lieb von allen begrüßt und dann haben wir darauf gewartet, dass die Kinder ankommen. Zur Erklärung: Die meisten Kinder haben keine Familie mehr, weshalb sie alle zusammen im „Casa Hogar“ wohnen. Gemeinsam geht’s dann auch jeden Morgen mit einem kleinen Bus zur Fundación und da werden sie dann den Tag über betreut. Auf dem Programm steht, allem voran, die individuelle Förderung der Kinder. Aber auch gemeinschaftliches Singen, Tanzen und viele spannende Aktivitäten gehören dazu. Nach der Ankunft des Busses haben wir uns in der Aula versammelt und zusammen gesungen. Da wir noch nicht in den Tagesplan eingeweiht worden waren, haben wir das Ganze mit Aufregung und etwas Nervosität auf uns zukommen lassen.

Da es eine christliche Fundación ist, waren natürlich auch die Lieder mit christlichem Hintergrund. Das Lied, welches als erstes gesungen wurde, kenne ich seit Jahren und es hat mir schon in vielen schweren Situationen wieder Mut gemacht. Kein Wunder also, dass ich mich sofort wohl gefühlt habe, oder? Nach einigen Liedern, etwas tanzen und einer herzlichen Begrüßung ging es in die einzelnen Gruppenräume. Es gibt insgesamt fünf Gruppen: Eine Gruppe besteht aus den Jugendlichen, die trotz ihrer Behinderung sehr unabhängig sind. Eine andere Gruppe bilden die Kinder mit Autismus und zwei Gruppen (Paralisis Celebral 1 und P.C. 2) bilden die Kinder und Jugendlichen, die aufgrund ihrer geistigen Behinderung eine größere Beeinträchtigung haben. Diese beiden letzten Gruppen sind nach dem Alter aufgeteilt. Außerdem gibt es noch die Gruppe mit Jugendlichen, die ebenfalls sehr unabhängig sind und durch Üben der Alltagstätigkeiten noch mehr Freiheiten erlangen können. Jede von uns Volontärinnen hilft in einer dieser Gruppen mit und nach ca. drei Monaten wird immer getauscht. Ich bin die ersten drei Monate in der Gruppe Paralisis Celebral 1, das sind die älteren Jugendlichen mit geistiger Behinderung (siehe Bild). Nicht alle Kinder sitzen im Rollstuhl, drei können auch mehr oder weniger selbstständig laufen. Es ist eine körperlich anstrengende Gruppe, aber es gefällt mir trotzdem sehr gut, weil ich immer wieder merke, wie die Kinder sich über unsere Anwesenheit freuen.

 

 

Jedes der Kinder hat seine ganz eigene Persönlichkeit, die ich bzw. wir alle drei sehr schnell lieben gelernt haben. Trotzdem gibt es auch Situationen, in denen besonders viel Ruhe und Geduld verlangt wird, was uns natürlich auch manchmal schwer fällt. Besonders ans Herz gewachsen ist mir Mariuxi, die im Rollstuhl sitzt und sehr zerbrechlich wirkt, da sie die Muskeln in ihrem Körper nicht gezielt kontrollieren kann und damit immer auf fremde Hilfe angewiesen ist. Sie freut sich jedoch immer sehr, wenn ich ihr etwas vorsinge oder sie massiere. Außer ihr ist zum Beispiel noch Susi (siehe Bild) in der Gruppe, die ständig am Lachen ist und den gleichen Humor hat wie ich. Sie spricht ein paar Wörter sehr deutlich aus, das meiste allerdings muss man erraten, was manchmal erstaunlich leicht fällt, andere Male dafür umso schwerer.

Freitag wurde groß der Abschied des letzten Freiwilligen vom vergangenen Jahr gefeiert. Die Tías und Tíos hatten sich zu diesem Anlass etwas besonderes ausgedacht: einen Wettkampf mit unterschiedlichen ziemlich unterhaltsamen Disziplinen. Eine der Disziplinen hatten wir drei Mädels bereits einen Tag vorher ausgetestet. Es ging darum, die Kinder beim Füttern besser zu verstehen und sich in sie hineinzuversetzen. Dementsprechend waren wir die, die gefüttert wurden und ein paar der Kinder diejenigen, die uns das Essen in den Mund gestopft haben. Das Essen war eine übersüße Creme, die zusätzlich auch noch Fruchtgeschmack hatte. Diese Übung hatte es wirklich in sich, kann ich sagen. Wir durften natürlich keine Hände benutzen und haben Lätzchen umgebunden bekommen. Alleine das hat einige Kinder schon sehr amüsiert. Und dann ging es los. Bei mir hatte dieses wirklich unglaublich ekelige Zeug allerdings auch noch Erdbeer-Geschmack, was das Ganze noch verschlimmert hat, wie ich finde. Aber wir drei Freiwilligen haben ganz brav mitgemacht und es war wirklich eine interessante (wenn auch sehr ekelige und klebrige) Übung, die uns nochmal mehr die Augen dafür geöffnet hat, wie sich die Kinder beim Essen fühlen. Nach der Abschiedsfeier haben wir noch ein paar Stunden gearbeitet und dann war der Arbeitstag auch schon vorbei und das Wochenende begann. Zuerst waren wir drei Mädels am Freitagabend auf einem Tanz-Wettbewerb - zum Zuschauen. Bis wir so gut sind wie die, denen wir zugejubelt haben, dass dauert noch ein ganzes Weilchen, denn es wurde Salsa und Tango getanzt. Das, was wir an dem Abend zu sehen bekommen haben war wirklich eine Meisterleistung nach der anderen! Aber auch am Samstag waren wir bereits vormittags wieder unterwegs. Dieses Mal sind wir in die Altstadt gefahren, um uns die „Virgen de Quito“ oder auch „El Panecillo“ anzuschauen. Das ist eine alte Statue, die mich persönlich leicht an die Liberty erinnert hat ☺ Der weite Blick von oben runter auf die Stadt war einfach fantastisch und es hat sich definitiv gelohnt dort hochzufahren. Am Sonntagmorgen sind wir schon um 5 Uhr aufgestanden und haben uns auf den Weg zum Busterminal in Quito gemacht. Und von dort aus ging es weiter in das ca. 2 Stunden entfernte Otavalo! Schon die Busfahrt war beeindruckend, denn wir sind an einigen Bergen und Tälern vorbei- und durchgefahren und hatten einen guten Blick vom Bus aus. Der Grund, weshalb wir nach Otavalo gefahren sind, war der große Markt dort. Samstags soll er noch ein Stück größer sein als Sonntags, aber dafür hatten wir den Vorteil, dass kaum Touristen da waren. Und auch dieser Ausflug war lohnenswert und wir haben die vielen bunten Stoffe, Taschen und Hosen (und vieles mehr) bestaunt. Und auch die Sicht vom Markt aus auf die Berge war mal wieder unbezahlbar!

Das war meine erste spannende und aufregende Woche hier in meiner neuen Heimat. Und es sind seitdem noch viele weitere erlebnisreiche und gute Wochen vergangen.