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Eine fremde Kultur entdecken, nach zwölf Jahren Schule etwas Neues kennenlernen, vom bisherigen Leben in Deutschland Abstand nehmen, vielleicht durch meine Arbeit Menschen in schwierigen Situationen unterstützen; so ungefähr lassen sich meine Motivationen zu Beginn dieses Jahres zusammenfassen. Ich ging in der Hoffnung, aus meinem Alltag eine Zeit lang auszubrechen, neue Erfahrungen zu machen in einem Land, das ich nicht als Tourist besuche, sondern das vorübergehend meine Heimat sein sollte. Die Hoffnung mich ohne weiteres in diesem fremden Land einzufinden und mich heimisch zu fühlen bewährte sich jedoch als Illusion. Vor allem zu Beginn des Jahres fiel es mir aus mehreren Gründen schwer mich „einzuleben“. Ein Jahr lang in einem Land zu leben, ohne wirklich angekommen zu sein, beeinflusste mich auf verschiedenste Weise. Doch auch wenn diese Distanz zu meiner neuen „Heimat“ problematisch war, so hatte sie auch den Vorteil, dass sie eine gewisse Objektivität dem Land und vor allem mir selbst gegenüber ermöglicht hat. Gerade jetzt, im Hinblick auf die letzten Wochen in Ecuador werde ich melancholisch. Die kleine Welt die ich mir aufgebaut habe, die menschlichen Beziehungen, Freunde und Arbeit, alles war auf Zeit gebaut und fällt nun Stück für Stück in sich zusammen. Wenn ich in vier Wochen meine Koffer packe und abfliege, bleibt nichts von mir in diesem Land, keine Spur, keine Verbesserung durch eine große Tat. Die Frage: was bleibt? In Ecuador hat sich nichts verändert. In mir wahrscheinlich eine ganze Menge. Ich habe versucht mich damit auseinanderzusetzen was dieses Jahr in mir verändert oder verschoben hat. Es handelt sich dabei um sehr persönliche Feststellungen und Überlegungen, die keinen Anspruch auf Allgemeingültigkeit erheben. Anstatt mit dem Studium an die Schule anzuschließen, sollte erst einmal ein Jahr „Pause“ her, ein Jahr außerhalb des gewöhnlichen Laufes der Dinge. Tatsächlich brach mein Abflug vollkommen mit meinem bisherigen Alltag. Die Vorstellung ohne größere Schwierigkeiten ein geregeltes Leben weiterführen zu können bewährte sich als Illusion. Gleich nach dem Abitur in ein fremdes Land zu fahren und dort ein Jahr lang leben, bedeutet einen radikalen Einschnitt ins bisherige Leben. Familie und Freunde, ein geregelter Alltag in wohlbekannten Gemäuern mit vertrauten Gesichtern, im Grunde genommen alles woraus sich das bisherige Leben zusammengesetzt hatte, gibt man Zeitweise auf. Jetzt nach elf Monaten Aufenthalt in Ecuador, erscheint es mir fast wie ein absurdes Experiment, als der hoffnungslose Versuch meinen Lebensmittelpunkt von einem Tag zum anderen um 10.000 km zu verschieben. In einem fremden Land, ohne jegliche Sprachkenntnisse oder Arbeitserfahrungen weiterzuleben wie bevor, ist unmöglich, wenn die gesamte Vergangenheit in einem anderen Land liegt. Eine Vergangenheit, die man braucht, um sich mit Land und Leuten identifizieren zu können und ein gewisses Heimastgefühl aufzubauen. Schließlich will man sich nicht wie ein Tourist fühlen, wenn man doch zwölf Monat lang eine feste Arbeit, Wohnung und soziales Leben haben soll. Das Bewusstsein über die zeitliche Begrenzung des Aufenthaltes ist im Grunde genommen das, was dem Projekt seine Glaubwürdigkeit gibt. Mit jedem Gedanken an das kommende Jahr ist auch die zeitliche Begrenztheit verbunden. Man schaut den Menschen beim Abschied in die Augen und weiß, es ist nur für ein Jahr, in zwölf Monaten sehen wir uns wieder. Bewusst oder unbewusst, jede Idee, jeder Gedanke in Beziehung zum FSJ unterliegt dieser zeitlichen Begrenzung. Und da diese Begrenzung keine rein mentale ist, sondern real existiert, ist es unmöglich sich davon zu lösen. Doch wie soll man ein geregeltes Leben aufbauen, wenn man sich dessen bewusst ist, dass jede soziale Bindung, jede menschliche Beziehung, jedes Projekt, jeder Erfolg und jeder Misserfolg höchstens ein Jahr existieren wird? Natürlich steh ich jeden Tag auf und versuche meine Arbeit zu gut wie möglich zu machen und auch mein Verhalten meinen Mitmenschen gegenüber unterscheidet sich nicht wesentlich zu vorher. Doch ruft man sich dennoch jeden Tag bewusst oder unbewusst in den Kopf, dass all dieses „Leben“ noch 9,6,3,1 Monat andauern wird. Auch wenn die unmittelbaren Auswirkungen dieser Gedanken nach Außen nicht unbedingt wahrzunehmen sind, so führten sie bei mir dennoch dazu, dass ich glaube nicht vollständig in meiner Arbeit, meinem Umfeld, meinen Freundschaften oder meinem neuen „Zuhause“ habe aufgehen können und ich mich vor allem zu Beginn nicht habe wohlfühlen können. Ein Leben ohne Basis und ohne Aussicht auf Dauer und Stabilität ist nicht möglich. Vor allem wenn man noch so eine feste Bindung zu seiner „Heimat“ hat wie ich oder wie die meisten Abiturienten, ist es schwer „aus dem Nichts“ weiterzuleben. Und dennoch versucht man sich nicht als Tourist zu fühlen, weil man ja letztendlich auch keiner ist. Und wenn es mir unmöglich war von Beginn an weiterzuleben als befände ich mich in meinem eigenen Land, so war es mir ebenso unmöglich es nicht doch zu probieren. Denn auch wenn das Projekt höchstwahrscheinlich nicht darauf abzielt, dass wir uns wirklich heimisch in diesem fremden Land fühlen, sind zwölf Monate eine vergleichsweise lange Zeitspanne, um sich nur als Tourist zu fühlen. Und so habe ich das ständige Bedürfnis nach einem festen Bestandteil in meinem hiesigen Leben gehabt. Es war diese Mangelerscheinung, die mir vor allem in den ersten Monaten zugetan hat. Mein Unwohlsein manifestierte sich durch eine ständige innere Unruhe, dessen Ursprung ich ignorierte und die ich wohl mit verschiedenen Ausgleichsmechanismen, wie z.B. ständiges Essen zu überdecken versuchte. Mein Auszug aus meiner damaligen WG stellte für mich eine Wende dar, in einem angenehmen Umfeld verstand ich plötzlich wie ich mich wirklich innerlich fühle und die letzte 6 Monate gefühlt hatte. Auch heute habe ich noch immer bestimmte Verhaltensschemata, die ich in Deutschland nicht hatte. doch empfinde ich dies nicht als Problem. Ich glaube im Hinblick darauf, dass bestimmte Veränderung nicht zu vermeiden sind, glaube ich es ist vor allem wichtig zu versuchen sein emotionales Leben zu verstehen und nicht zu ignorieren. Was das soziale Jahr mit einem macht ist, dass es uns „nackt“ einer fremden Kultur gegenüberstellt. Man schneidet uns die Wurzeln ab und erwartet von einem in fremder Erde weiterzuwachsen. Doch will ich mit diesem Bericht das Weltwärts-Projekt gar nicht schlechtreden. Auch wenn die persönlichen emotionellen Konsequenzen nicht immer einfach waren, entwickelte ich eine neue Sicht auf mich selbst, die ich vermutlich anders nicht hätte erreichen können. Wenn man sein gesamtes Leben in dem gleichem Ort aufgewachsen ist, bzw. nie länger als ein paar Wochen über die Ferien verreist ist und nie in einem fremden Land gewohnt hat, hat man nie gelernt sich in einem anderen Ort zuhause zu fühlen. Man besitzt nur einen Vergleichspunkt für alles Neue was man erlebt, einen einzigen Anhaltspunkt nach dem man sich orientiert. Alles erlebte wird unweigerlich einem Vergleich mit dem einzig bekannten, in meinem Fall Deutschland, unterzogen. Der Vergleich ist, gewollt oder ungewollt, immer präsent und immer der erste Schritt das Neue zu verarbeiten. Und eben so ungewollt wie das ständige Vergleichen, gibt es den Mechanismus der Bewertung. Die Handlungsschemen die man mit der Zeit aufbaut orientieren sich nach einem „Richtig“ und „Falsch“, das uns durch äußere Einflüsse in unserem Heimatland vermittelt wird. Letztere sind natürlich fester Bestandteil der Kultur und Gesellschaft in der Mensch lebt und haben somit keinen objektiven Wert. In Ecuador angekommen, begegnet man neuen Situationen auf die gleiche Weise, mit den gleichen Wertevorstellung und noch viel wichtiger den gleichen Werteerwartungen wie in Deutschland. Handlungsweisen der Mitmenschen, die von den meinen Abweichen sind folglich falsch, weil ich das Denkmuster hinter der Handlung nicht ohne weiteres nachvollziehen kann. Konsequenzen dieser Erkenntnis sind zum Beispiel das Herabstufen der Ecuadorianer im Allgemeinen und die damit einhergehende Entwicklung eines Überlegenheitsgefühl. Man fühlt sich unwohl, weil man die Menschen nicht versteht und man scheinbar in einer anderen Welt lebt. Nach einiger Zeit lebt man mit dem Eindruck ein besonderer Mensch inmitten von vielen wertlosen Menschen zu sein. Auch wenn man sich selbst nie wirklich traut so offen radikal zu denken, ist doch ein gewisses Grundgefühl bei jeder Begegnung vorhanden. Du bist ein Ecuadorianer, ich bin ein Deutscher. Handelt der Ecuadorianer auf eine für mich persönlich falsche Weise, dann nur weil er ein Ecuadorianer ist und nicht weiß was richtig wäre. Was dieses Unverständnis der anderen Kultur ebenfalls verstärkt ist, wie schon im ersten Bericht erwähnt, die Sprache. Ich kann als Ausländer so fleißig wie möglich Vokabeln lernen, Texte lesen und schreiben, meine Aussprache verbessern und Dialoge führen. Doch gibt es einen wesentlichen Faktor, den man nicht trainieren kann und der einzig und allein von der Aufenthaltsdauer abhängt. Die Entwicklung eines Gefühls für die Sprache. Mit einem Ecuadorianer zu reden bedeutet für mich als nicht-Spanisch-sprechender Mensch seinen Worten zuzuhören, übersetzen und den Sinn daraus ziehen. Doch neben dem jeweiligem Sinn der Wörter besitzen letztere einen bestimmten Eigenwert, ein zweiten, konnotativen Sinn, der wiederum je nach Gebrauch variiert. Die Übermittlung von Information während eines Gesprächs läuft über weit mehr als „leere“ Worte. Viel mehr als die einseitige Übersetzung letzterer bildet sich der Sinn des Übermittelten durch zahlreiche Nebenfaktoren wie die jeweilige Konnotation und Reihenfolge der benutzten Wörter, die Geschwindigkeit, Betonung, Stimmlage etc. der sprechenden Person. Dies alles sind Elemente für die man als nicht-Muttersprachler nicht empfindlich ist. Da man sich allein auf die einzelnen Wörter konzentriert und versucht den „Sinn“ des Gesagten zu ergreifen, vergisst man, dass nicht nur ein „Sinn“ existiert, den man nur im Kontext und bei Berücksichtigung aller jener Faktoren begreifen kann. Zu lernen zuzuhören ohne zuzuhören, zu verstehen was das Gegenüber meint ohne darauf zu hören was er sagt, benötigt viel Zeit und viel Konfrontation mit der Sprache. Wenn dieses Sprachverständnis aber fehlt, wie es zum Beispiel immer noch bei mir der Fall ist, treten ungewollte Missverständnisse auf, oder es entsteht viel mehr ein emotionales Unverständnis, die Unmöglichkeit sich mit dem Gegenüber und dem Gesagten zu identifizieren. Ebenfalls ein Phänomen das verhindert, dass man sich der Kultur nähert, man bleibt unweigerlich ein Außenstehender. Das Problem der Bewertung und des Unverständnisses der anderen Kultur ist in sofern gefährlich, als das es von den meisten nicht als ein solches wahrgenommen wird. Das Problem ist, dass man vergisst, dass unsere Werteschemata in der anderen Kultur keinen Wert haben und andere Handlungs- und Denkweisen ihre Berechtigung haben, auch wenn wir sie nicht unmittelbar nachvollziehen können. Letztendlich steht man der fremden Kultur aber gegenüber und sieht doch Elementen gegenüber, die einem als universell unakzeptabel erscheinen, wie z.B. der omnipräsente Machismus in der Ecuadorianische Gesellschaft. Dann fällt es doch es schwer vom Werten abzusehen und dennoch kann ein moralisches Urteil nur aus der Kultur selbst heraus gefällt werden. Doch im Angesicht der Tatsache dass ein Kultur ein Konstrukt ist, das durch äußere Einflüsse entsteht und sich durch eben diese weiterentwickelt, kann man als einen wichtigen Bestandteil die Bereitschaft sich selbst zu hinterfragen festlegen. Dass mir dieses Element in Ecuador besonders gefehlt hat, kann ich natürlich nur im Anbetracht der oben genannten Relativität meines Standpunktes und meiner durch die Sprache vermittelten Eindrücke behaupten. Diese Relativisierung des eigenen Standpunktes ist es, die das Weltwärts-projekt bei mir selbst, sowie als wichtiger Bestandteil eine Kultur aufgezeigt hat. Seiner eigenen Wertung nicht mehr soviel Gewicht zu geben, sein eigenes Werteschema zu relativieren, dass geht nur wenn man es schafft das Gastland als neue „Heimat“ anzusehen. Dass ich es nicht schaffe mich in Ecuador heimisch zu fühlen, oder die Sprache ausreichend beherrschte, führte dazu dass ich es nicht geschafft habe die deutschen Denkschemen als Hauptvergleichspunkt zu verschieben. Mir wurde offenbart welche Sicht mein „nacktes“ ich auf eine fremde Kultur wirft und vor allem wie geformt und unflexibel man doch aus unserer Gesellschaft heraus kommt. Der in meinen Augen größte Ertrag des Weltwärtsprojektes ist eben dieser, dass er uns einerseits diese Wahrheit offenbart und so ohne äußeres Eingreifen subtil Kulturrelativismus vermittelt. Doch glaube ich auch, dass durch mehr und intensivere rassismuskritische Seminare, mehr erreicht werden könnte, da es immer noch Freiwillige gibt die den Wert dieses Jahres für eben diese persönlich relativistische Entwicklung nicht verstanden haben. Wenn ich an meine Anfangsmotivationen zurückdenke, die Idee in diesem Land etwas zu verändern, durch meine Arbeit etwas verbessern, zu helfen, muss ich schmunzeln. Wer hat hier eigentlich die soziale Arbeit geleistet? Ich in einen ach so unterentwickeltem Land oder ein ganzes Land in einem ach so eingebildetem Jungen? Auch wenn ich die wichtigsten gedanklichen Konsequenzen dem Projekt an sich zu verdanken habe, sind doch auch vor allem das Land und seine Menschen, sowie die Fundacion die Leittragenden, die sich jedes Jahr mit Freiwilligen abgeben müssen, die in ihrer Arroganz den Sinn dieses Jahres nicht verstehen zu scheinen und auch keine Anstrengungen unternehmen dies zu ändern.

 

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