Vor nun knapp einem Jahr begann für mich (uns) der Freiwilligendienst und nun rückt das Ende unmittelbar näher, was schon schwer zu begreifen ist. Denn zum einen ist man hier noch voll im Alltag, geht zur Arbeit, hat sein soziales Umfeld und fühlt sich in vielen Punkten durchaus angekommen. Und zum anderen sitzt man in zwei Monaten schon wieder im Flieger nach Deutschland. Einfach ein merkwürdiges Gefühl. Aber auch ein guter Wendepunkt, um die Gedanken um das Erlebte hier kreisen zu lassen und um sich zu fragen, wie sehr einen das Jahr in vielen Dingen geprägt, welche Herausforderungen man gemeistert hat, aber auch um sich zu fragen mit was für Dingen man hier nicht warm geworden ist und wo die Gründe dafür vielleicht liegen. Ein Analyseversuch. So gab es grundsätzlich in diesem Jahr viele erste Male für mich. Das erste Mal richtig von zu Hause wegkommen, die erste eigene Wohngemeinschaft und in einem Bereich arbeiten, der für mich zwar nicht völlig neu war, in diesem Kontext allerdings schon. Dies dann alles auf einem fremden Kontinent in einer in vielen Punkten anderen Gesellschaft. Dazu noch in einer Sprache, die ich (vor allem zu Beginn) nicht beherrscht habe ( und das als halber Spanier, Schande über mein Haupt:) ). So glaub ich, das vor allem die Herausforderungen in der Arbeit mit Kindern und jungen Erwachsenen mit Behinderung mich haben reifen lassen. Und damit meine ich die Geduld, die man lernen musste aufzubringen und das individuelle Eingehen auf jeden Einzelnen. Ebenfalls der Versuch, Dinge zu verstehen, die einem auf den ersten Blick vielleicht unkonventionell erscheinen, in dem arbeitstechnischem Umgang mit den Kindern, erachte ich für sehr wichtig. Denn man verfiel und verfällt immer noch schnell der Versuchung, manche Arbeitsweisen auf den ersten Blick direkt als falsch zu betrachten, ohne der Frage nachzugehen wofür dafür die Gründe liegen könnten. Das Verstehen-Wollen ist wohl in allen verschiedenen Aspekten des Freiwilligendienstes das wichtigste für mich. Was aber nicht heißt, Dinge durch eine rosarote Brille zu betrachten. Scheiße soll man ja schließlich nicht polieren. So war und ist in der Fundacion gerade das Verhältnis zu den beiden Chefinnen ein Punkt, mit dem ich immer wieder Probleme hatte. Was wohl grundsätzlich erst einmal daran liegt, das ich persönlich wenig Interresse habe zu den Personen, die meine Arbeit tagtäglich über Kameras bewachen ein anderes Verhältnis, als ein klar definiertes Arbeitsverhältnis aufzubauen. Da es da aber nun verschiedene Auffassungen in punkto Wahrnehmung gibt, konnte dies auch immer wieder zu Missverständnissen führen. Allerdings soll das nun nicht so klingen, als hätte ich mich deswegen auf der Arbeit unwohl gefühlt. Gerade die herzliche Zusammenarbeit mit den Tias in allen verschiedenen Gruppen war für mich immer sehr bereichernd. Grundsätzlich hege ich großen Respekt dafür, mit welcher Hingabe viele Tias der Fundacion mit den Kindern arbeiten. Zumal es aus meiner Sicht durchaus Gründe gibt, etwas weniger gut gelaunt zur Arbeit zu erscheinen. Da wäre einmal die katastrophale Bezahlung, mit der es in Quito unmöglich ist ohne familiäre Unterstützung ein würdiges Leben zu führen. Vor allem wenn diese auch noch wegen grundsätzlichen finanziellen Schwierigkeiten der Fundacion nicht immer pünktlich und vollständig erfolgt. Beim nächsten Punkt möchte ich nicht ins Detail gehen, doch die Tatsache, wie die Tias von Zeit zu Zeit in einigen Fragen von ihren Vorgesetzten behandelt werden, löst bei mir Empörung aus. Zumal die Empörung nicht allzu sehr von den Tias geteilt wird. Da wird zwar in kleinem Kreis kritisch darüber geredet, aber am Ende wird es nun einmal akzeptiert. Es kommt mir leider vor, als gäbe es keine richtige Wahrnehmung,was die eigene Stellung angeht und das Mitsprache- und Bestimmungsrecht, das man auch als Arbeitnehmer innehat. Ein Grund dafür ist aus meiner Sicht wohl ein gewisses Zerrbild in Hinblick auf die klare Trennung zwischen professionellem und persönlichem Verhältnis zu seinen Vorgesetzten. Ich möchte die beiden Chefinnen allerdings nicht in allzu schlechten Licht erscheinen lassen. Ich glaube, das sie mit der Verantwortung die Fundacion finanziell am Leben zu erhalten, eine große Bürde tragen. Neben diesen Dingen, die bei mir schon Kopfschütteln verursachen, möchte ich aber auch festhalten, wie viel ich gelernt habe und wie viele Denkanstöße ich in diesem Jahr schon erhalten habe. Generell bin ich der Überzeugung mehr bekommen, als gegeben zu haben. Auch in Hinsicht auf die Frage, was man für sein kommendes Leben als wichtig erachtet und für welche Dinge man auch mit einer gewissen Konsequenz einstehen will. Mich hat dieser Freiwilligendienst jedenfalls darin bestärkt, auch weiterhin im sozialen Bereich tätig zu sein, weswegen ich nun auch mit einem noch positiveren Gefühl in meine Krankenpflege-Ausbildung gehe, als das vielleicht ohne dieses Jahr der Fall gewesen wäre. Doch stellt sich für mich gerade die Frage, was vielleicht von einem hierbleibt, wenn man die bald bevorstehende Heimreise nach Deutschland angetreten hat. Deswegen freut es mich sehr, das ich im nächsten Monat mit meinen beiden Mitfreiwilligen noch für die Kinder der Fundacion einen Pavillon baue. Das Gefühl auch etwas leicht greifbares( das hoffentlich auch noch steht, wenn man in ein paar Jahren noch einmal zu Besuch kommt) zu hinterlassen, ist für mich auch sehr beruhigend in Hinblick auf den Abschied. Also, ich hab es nicht so mit schön abrundenden Schlusssätzen, deswegen einfach: Peace out.